Medienmitteilung Sonntagsallianz vom 13. November 2012 – Die Wirtschaftskommission des Nationalrates will die Ladenöffnungszeiten bei Tankstellenshops ausdehnen. Dieser Entscheid ist für die Sonntagsallianz inakzeptabel. Folgt der Nationalrat diesem Vorentscheid, bedeutete dies die Ausdehnung der Sonntagsarbeit und die Einführung des 24-Stunden-Betriebs im Detailhandel. Das wäre ein Dammbruch mit gravierenden Folgen für Beschäftigte und Gesellschaft. Die Sonntagsallianz wird deshalb ein allfälliges Referendum gegen die Vorlage mitlancieren.
Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats ist heute dem Ständerat gefolgt und hat der Einführung von Nacht- und Sonntagarbeit für Tankstellenshops zugestimmt. Dies ist für die Sonntagsallianz inakzeptabel. Eine Umsetzung der Vorlage weitet Sonntagsarbeit aus, führt erstmals den 24-Stunden-Betrieb im Detailhandel ein und stellt somit einen
Dammbruch dar, den es zu verhindern gilt.
Die Verlängerung der Öffnungszeiten bei den Tankstellenshops hat zur Folge, dass der restliche Detailhandel die Ladenöffnungszeiten anpassen und ebenfalls stark ausweiten wird. Bereits jetzt sind entsprechende Vorstösse lanciert, und es werden gleich lange Spiesse mit den Tankstellenshopbesitzern gefordert. Diese Entwicklung zieht flächendeckende Sonntags- und Nachtarbeit im Detailhandel nach sich – dies wäre der Anfang vom Ende der von der Schweizer Bevölkerung geschätzten Sonntagsruhe.
Die Folgen wären gravierend: Sonntags- und Nachtarbeit verschlechtern die bestehenden Arbeitsplätze, sind erwiesenermassen gesundheitsschädlich und erschweren das Sozialleben der Beschäftigten und Familien erheblich. Dies ausgerechnet in einer Branche, in der bereit jetzt die Arbeitsbedingungen häufig miserabel sind und kaum Gesamtarbeitsverträge zum Schutz des Personals existieren. Betroffen sind vor allem Frauen. Sie machen die Mehrheit
der Beschäftigten im Detailhandel aus. Auch gesundheitlich gehören sie zu den Hauptleidtragenden: Nacht- und Sonntagsarbeit kann zu massiven Problemen führen. Am häufigsten sind chronische Müdigkeit und Schlafstörungen. Zudem begünstigt das Arbeiten gegen den biologischen Rhythmus Herz-/Kreislauferkrankungen, führt vermehrt zu Magen-
/Darmgeschwüren und zu Krebs, insbesondere zu Brustkrebs. Ausserdem sind Nacht- und Schichtarbeit erwiesenermassen Ursache für vermehrte Fehlgeburt, Frühgeburten und vermindertes Geburtsgewicht.
Von der fortschreitenden Flexibilisierung der Arbeitszeiten sind vor allem Lebensformen betroffen, die ohnehin einen hohen Koordinationsbedarf haben: Familien, Beziehungen mit Kindern, familiäre und nachbarschaftliche Betreuungsverhältnisse. Der gemeinsame Sonntag bildet das wichtigste und häufig einzige Zeitfenster in der Woche für das Zusammensein der gesamten Familie. Die permanente Ausweitung der Ladenöffnungszeiten und die
Aufweichung der Sonntagsruhe reduzieren die Menschen auf ihre Arbeitskraft, gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt und fördern eine schleichende soziale Desintegration.
Damit wichtige gesellschaftliche Errungenschaften nicht rein wirtschaftlichem Interesse geopfert werden, wird die Sonntagsallianz ein allfälliges Referendum gegen die Verschlechterung des Arbeitnehmerschutzes mitlancieren – zum Schutz des betroffenen Personals und zur Erhaltung gesellschaftlich wichtiger Freiräume.
Die Sonntagsallianz ist eine breite Vereinigung von ArbeitsmedizinerInnen, Kirchen, politischen Parteien, Gewerkschaften und Frauenverbänden.
Weitere Informationen:
- Klaus Stadtmüller, Präsident der schweizerischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin, Tel. 079 237 97 10, 032 653 85 48
- Vania Alleva, Mitglied der Geschäftsleitung Unia, Vizepräsidentin schweizerischer Gewerkschaftsbund, Tel. 079 620 11 14
- Wolfgang Bürgstein, Generalsekretär Justitia et Pax / Bischofskonferenz, Tel. 031 381 59 57
- Daniéle Lenzin, Co-Präsidentin syndicom – Gewerkschaft Medien und Kommunikation, Tel. 079 303 24 69
- Lieselotte Fueter, Präsidentin Evangelische Frauen Schweiz, 079 302 45 35
- Kurt Regotz, Präsident Syna, 079 617 62 94.